Reich ist man nicht durch das, was man besitzt,
sondern mehr noch durch das,
was man mit Würde zu entbehren weiß.
Immanuel Kant (1724-1804), dt. Philosoph
Bereits in meiner Jugend hatte ich viele interessante Menschen kennenlernen dürfen. Es waren so viele, sodass ich mich nicht mehr an jeden Einzelnen erinnere. Da waren Menschen mit genialem Intellekt oder Können, solche, die viel und viele, die so gut, wie nichts besaßen.
Das Interessante daran war allerdings, dass die, welche nur wenig oder quasi nichts hatten, meist glücklicher waren, oder zumindest schienen, als die anderen, welche viel ihr Eigen nannten.
Im Alter von 21 Jahren lernte ich einen sehr erfolgreichen Amerikaner kennen. David hatte eine sehr erfolgreiche Firma, die in ganz Deutschland aktiv war. Er war so erfolgreich, sodass er einen eigenen Businessjet besass. David war lange mein Vorbild gewesen und ich hatte sehr viel von ihm gelernt. Doch mit der Zeit verlor ich ihn aus den Augen. Viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte später, traf ich ihn wieder. Inzwischen hatte er das kleine Hotel der Familie seiner Frau übernommen, wirkte bescheidener, fuhr ein kleines Auto und wirkte wesentlich gelassener, als ich ihn in Erinnerung hatte.
Dieses Phänomen konnte ich bei einigen meiner Mitmenschen beobachten; so auch bei einem älteren Freund, der vor ca. 40 Jahren ein erfolgreicher Inneneinrichter war. Schnelle Autos, viel jüngere Frauen und immer Vollgas. Ja, so war Robert. Vor wenigen Jahren sah ich ihn nach langer Zeit mal wieder. Vieles hatte sich verändert und nun lebt er mit seiner zweiten Frau in einem kleinen Haus und geniesst jeden einzelnen Tag.
Ein ehemaliger Schulkollege hatte mit seinem Bruder ein kleines Imperium von Spielotheken. Er verkaufte bis auf eine Spielothek alles an seinen Bruder und zog sich zurück. Roland fuhr mit dem Mountainbike, ging 1x am Tag in seinem Geschäft vorbei, spielte Gitarre und lebte ein sehr einfaches Leben.
Ein guter Bekannter war ehemals ein Karate Vize-Weltmeister und betrieb für viele Jahre ein Fitnesscenter. Dort lernte ich Siegfried kennen und schätzen. Von einer gemeinsamen Freundin erfuhr ich, dass er das Fitnesscenter verkauft, sich aus dem Erlös ein paar Wohnungen gekauft hatte und jetzt "schiebt er eine ruhige Kugel".
Die beiden letzteren legen keinen Wert auf Äusserlichkeiten, Kleidung und sonstige Statussymbole. Beide fahren ein altes Auto und sind extrem gelassen und ruhig.
So manches, was uns mal wichtig war, verliert mit der Zeit seinen Wert. Wahre Werte hingegen werden andere "kleine Dinge", welche das Leben aber sehr wertvoll machen können. Was wirklich wichtig ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Nicht jeder möchte einfach leben und nicht jeder möchte sein Leben von Dingen bestimmt haben, die für ihn nicht wichtig sind. Bei einer Weltbevölkerung von über 7,9 Milliarden Menschen dürfte es unzählige Lebensmodelle und extrem unterschiedliche Lebenswege geben, sodass keiner glauben muss, dass "sein Lebensweg" der einzig richtige sei. Ja, es ist ein möglicher Lebensweg und vielleicht der einzig richtige für diesen Menschen. Aber, muss er deswegen auch für andere gut sein?
Je weniger einer braucht,
desto mehr nähert er sich den Göttern, die gar nichts brauchen.