Sonntag, 1. Mai 2022

Wenn ein Kind zur Welt kommt, ist es ein fühlendes Wesen...

 


"Wenn ein Kind zur Welt kommt, ist es ein fühlendes Wesen: Es fühlt alles. Es ist noch kein denkendes Wesen. Es ist natürlich, so wie alles andere Natürliche in der Natur. - genau wie ein Baum oder wie ein Tier. Aber wir beginnen es zurecht zu modeln, es zu "bilden". Es muss seine Gefühle verdrängen, denn wenn es seine Gefühle nicht verdrängt, steckt es immerzu in der Klemme.


Wenn es weinen möchte, darf es nicht weinen, weil seine Eltern das nicht gut fänden. Es würde verurteilt werden. Es würde nicht bestätigt, es würde nicht geliebt werden. Es wird nicht so akzeptiert, wie es ist. Es muss sich "benehmen" - und zwar so, wie es eine bestimmte Ideologie, ein Ideal will. Nur dann ist es liebenswert.

Liebe ist für das Kind - so wie es ist - nicht zu haben. Es kann nur geliebt werden, wenn es sich an bestimmte Regeln hält. Diese Regeln sind aufgezwungen; sie sind nicht natürlich. Das natürliche Wesen wird allmählich unterdrückt und das unnatürliche, das unwirkliche, wird darüber gesetzt.

Dieses Unwirkliche ist Dein Denken, und irgendwann kommt der Moment, da die Kluft so gross ist, dass Du sie nicht mehr überbrücken kannst.

Du vergisst einfach völlig, was Deine wirkliche Natur war - oder ist. Du bist ein falsches Gesicht. Das ursprüngliche Gesicht ist verloren gegangen. Und Du hast auch Angst, das Ursprüngliche zu empfinden, denn sobald Du es empfinden würdest, hättest Du sofort die ganze Gesellschaft gegen Dich. So bist Du also selber gegen Dein wirkliches Wesen.

Das führt zu einem höchst neurotischen Zustand. Du weisst nicht, was Du willst, Du weisst nicht, was Deine authentischen Bedürfnisse sind. Und Du bist ständig auf unauthentische Bedürfnisse aus; denn nur das fühlende Herz kann Dir die Richtung, den Sinn dafür weisen, was Deine wirklichen Bedürfnisse sind. Wenn die verdrängt sind, erpfindest Du symbolische Bedürfnisse.

Zum Beispiel magst Du immerfort viel zu viel essen, Dich mit Essen voll stopfen, ohne je das Gefühl zu haben, gefüllt zu sein. Das Bedürfnis will Liebe, es will kein Essen. Aber Essen und Liebe sind tief miteinander verknüpft. Wenn also das Bedürfnis nach Liebe nicht empfunden wird oder verdrängt ist, entsteht ein unechtes Bedürfnis nach Essen, und man kann immerzu weiter essen. Da das Bedütfnis nicht echt ist, kann es niemals erfüllt werden - und wir leben in lauter unechten Bedürfnissen. Das ist der Grund, warum alle Befriedigung ausbleibt.

Du willst geliebt werden, das ist ein Grundbedürfnis, ein natürliches. Aber es kann in eine unwahre Dimension umgeleitet werden. Zum Beispiel kann das Liebesbedürfnis - das Bedürfnis geliebt zu werden - als ein unechtes Bedürfnis empfunden werden, wenn Du versuchst, die Aufmerksamkeit Anderer auf Dich zu lenken. Du möchtest, dass Andere Dir Aufmerksamkeit schenken - also wirst Du vielleicht ein politischer Führer. Grosse Menschenmengen mögen Dich dann beachten, aber das wirkliche, das Grundbedürfnis ist es, geliebt zu werden. Und selbst indem die ganze Welt Dir Beachtung schenkt, kann dieses Grundbedürfnis nicht erfüllt werden. Dieses Grundbedürfnis ist schon durch einen einzigen Menschen erfüllt, der Dich liebt, der Dir aus Liebe Beachtung schenkt.

Wenn Du jemanden liebst, schenkst Du ihm Beachtung. Aufmerksamkeit und Liebe sind eng verwandt. Wenn Du aber das Bedürfnis nach Liebe verdrängst, dann wird daraus ein symbolisches Bedürfnis; dann bedarfst Du der Aufmerksamkeit Anderer. Du magst sie zwar bekommen, aber selbst dann wird es keine Erfüllung geben. Das Bedürfnis ist unwahr, vom natürlichen Grundbedürfnis abgeschnitten. Diese Spaltung in der Persönlichkeit nennt man Neurose."


Quelle: Das Mysterium der Liebe, Band 3, Osho


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(Anmerkung: Dies ist ein wunderbares Buch, welches wirklich lesenswert ist. Es ist für mich eher ein "Arbeitsbuch", mit dem Du einige Antworten auf Deine wichtigen Fragen bekommst. Ich habe es bereits 3x gelesen und immer wieder neue Erkenntnisse gewinnen können)









Dieser Text wurde bereits am 2. Mai 2014 auf diesem Blog in folgendem Beitrag veröffentlicht. Da diese Zeilen äusserst wertvoll sind, wollte ich schon länger nur den Text posten. 
Wer sich das genauer durchliest, kann vielleicht viele Zusammenhänge des (eigenen) menschlichen Unglücklich-Seins besser verstehen. Zugleich zeigen sich hiermit auch Wege auf, wie man wieder (nachhaltig) glücklicher werden kann.

Willst Du glücklich sein, so werde wie ein Kind!